Viele Apple-User hatten die Hoffnung längst aufgegeben, doch nun startet Apple Pay endlich auch in Deutschland.
Wie üblich hat Apple mit vagen Andeutungen versucht, ordentlich Spannung bei der Fangemeinde zu erzeugen, doch was hier als Sensation vermarktet wird, ist in Wahrheit ein alter Hut.

Was ist Apple Pay?
Apple Pay ist eine sogenannte Wallet-App. Der Nutzer kann dort eine oder mehrere Debit-/Kreditkarten hinterlegen und hiermit an einer entsprechend ausgerüsteten Ladenkasse kontaktlos bezahlen.
Die Kartendaten werden per NFC-Funktechnik an das Kassen-Terminal übertragen. NFC steht für „Near Field Communication“, ein Funkstandard, der eine Reichweite von nur wenigen Zentimetern hat. Die Übertragung der erfolgt verschlüsselt, ein eventuelles „Abhören“ der Verbindung stellt also kein Risiko dar.
Weiterhin wird nicht die echte Kreditkartennummer an den Händler übertragen, sondern eine Art Platzhalter, ein sogenanntes „Token“.
Erst in den Payment-Netzwerken von MasterCard, Visa etc. wird diese Nummer entschlüsselt und die Abrechnung durchgeführt. Apple selbst unterhält hier also keine eigene Infrastruktur.
Die Technologie des kontaktlosen Bezahlens ist alles andere als neu und selbstverständlich keine Erfindung von Apple, wie mancherorts zu lesen ist.
Android-Nutzer in Deutschland können bereits seit 2013 kontaktlos mit ihren Smartphones bezahlen, in den USA wurden bereits 2011 die ersten Android-Smartphones für PayPass/PayWave (MasterCard/Visa) zertifiziert.
Apple begann erst mit dem Modell iPhone 6, NFC-Chips in seine Geräte einzubauen. Ende 2014 startete Apple Pay in den USA und übernahm hierfür die technischen Standards seiner Konkurrenten.
Bei Apple Pay handelt es sich also nicht um ein eigenes Zahlungssystem, aus Sicht des Händlers wird mit einer herkömmlichen kontaktlosen Kreditkarte gezahlt.
Das bedeutet für Händler, sie müssen keine speziellen Vorkehrungen für die Akzeptanz von Apple Pay treffen. Solange kontaktlose Kreditkarten akzeptiert werden, wird auch Apple Pay funktionieren.
Der Kunde muss also darauf achten, dass die von ihm in der Wallet hinterlegte Karte vom jeweiligen Geschäft akzeptiert wird. Ein Apple Pay Aufkleber an der Kasse allein sagt nichts darüber aus, ob die Zahlung per Smartphone auch tatsächlich funktioniert.

Ein wesentlicher Nachteil von Apple Pay besteht in der Tatsache, dass der Dienst nur für wenige Bankkunden in Deutschland verfügbar ist. Apple verlangt von teilnehmenden Banken eine hohe Provision, dementsprechend groß ist die Zurückhaltung deutscher Kreditinstitute. Android-Nutzer haben es da besser, sie können mit jeder beliebigen Bank kontaktlos zahlen.

Folgende Banken und Dienstleister werden Apple Pay unterstützen:

  • VIMpay
  • boon.
  • bunq
  • comdirect
  • Deutsche Bank
  • Edenred
  • Fidor
  • Hanseatic Bank
  • HypoVereinsbank
  • N26
  • O2 Banking

Etwas irreführend ist die Darstellung auf Apples Webseite, wo nicht nur die oben genannten Banken, sondern auch die unterstützten Kartentypen (Visa, MasterCard, Maestro, American Express) gelistet sind. Das bedeutet nicht, dass Apple Pay z.B. mit jeder beliebigen Visa-Karte funktioniert. Voraussetzung ist immer, dass die herausgebende Bank einen Vertrag mit Apple geschlossen hat.

Wie sieht es mit dem Datenschutz aus?
Apple stellt in seiner Werbung für Apple Pay den Datenschutz in den Vordergrund. Hier darf man sich jedoch nicht täuschen lassen, der Dienst ist keineswegs sicherer als seine Konkurrenten auf Android.
In den sozialen Medien hält sich hartnäckig das Gerücht, der Einkauf mit Apple Pay sei zu 100% anonym. Das trifft nicht zu. Zwar wird wie oben schon erwähnt nicht die echte Kartennummer des Kunden verwendet, das Token ist jedoch statisch und wird lediglich mit einem einmal gültigen Code kombiniert.
Im Klartext: Der Kunde ist für den Händler wiedererkennbar, genau wie bei herkömmlicher Kartenzahlung. Für zielgerichtete Werbung beispielsweise ist das völlig ausreichend.

Was ist mit anderen Kreditinstituten wie Sparkassen oder Volksbanken?
Aufgrund der oben schon erwähnten hohen Kosten warten viele Banken noch ab und möchten zunächst den Markt beobachten.
Volksbanken und Sparkassen würden gerne ihre eigenen Apps fürs kontaktlose Bezahlen auf das iPhone bringen, werden jedoch von Apple daran gehindert. Offiziell nennt Apple Sicherheitsbedenken als Grund, dies kann man aber getrost als vorgeschobenes Argument sehen. Unter Android stehen rund ein Dutzend verschiedene NFC-Payment-Apps zur Verfügung und hier ist es nie zu Problemen gekommen.
Mit dieser Blockadepolitik macht sich Apple nicht nur Freunde: Die EU prüft bereits ein Verfahren wegen Missbrauchs der Marktmacht.
Zumindest wäre wünschenswert, dass Apple einen Weg findet, Apple Pay für allen Bankkunden in Deutschland nutzbar zu machen. Denkbar wäre zum Beispiel die Ausgabe einer eigenen Apple-Kreditkarte, deren Forderungen dann per Lastschrift vom Konto des Nutzers eingezogen werden. Unter Android gibt es diverse Anbieter mit diesem Geschäftsmodell.
Wenn Apple Pay hierzulande ein Erfolg werden soll, muss in diesem Punkt eine Lösung her. Es ist nicht zu erwarten, dass eine nennenswerte Anzahl an Kunden die Bank wechseln wird, nur um mit Apple Pay zahlen zu können.